Bulleneier Lesesteine - Zeugnis der Eiszeiten
Runde Lesesteine und Findlinge in Norddeutschland
Lesesteine und „Bulleneier“
Als „Bulleneier“ werden in Norddeutschland jene abgerundeten Steine bezeichnet, die auf frisch gepflügten Feldern (auch ↑Lesestein oder Feldstein), in Kiesgruben sowie an einigen steinigen Stränden der Ostseeküsten zu finden sind. Besonders in der ↑Holsteinischen Schweiz und in der Mecklenburgischen Schweiz sind diese gut gerundeten Steine, als Zeugnisse der letzten Eiszeit, besonders häufig anzutreffen.
Ein norddeutsches „Bullenei“ ist ein etwa Faust bis Kindskopf großer Stein, der eine gut abgerundete glatte eiförmige ovale Form hat. Die sogenannten „Bulleneier“ werden in den Kiesgruben in Norddeutschland eben unter genau diesem Namen nach Größe gehandelt. Bei der Herstellung von Sand und Kies, werden die faust- und kopfgroßen Steine ausgesiebt und gesondert, nach Größe gelagert.
Man kann die abgerundeten Steine, die als „Bulleneier“ bezeichnet werden in den Größen 30-60mm, 60-100mm oder 60-200mm bei jeder Kiesgrube bestellen. 2 Tonnen „Bulleneier“ kosteten im Jahr 2004 ca. 60 Euro (ohne Transportkosten). „Bulleneier“ werden häufig als Schotter im Straßenbau und im Gartenbau verwendet. Mit ein wenig Geschick kann man aus den „Bulleneiern“ sehr gute Trockenmauern bauen. Dazu werden die Steine in Reihen so übereinander gestapelt, dass die Mauer durch das Gewicht der Steine Stabilität erhält. Ohne verklebt zu sein, haben gut gebaute Trockenmauern, auch Freistehende, eine Haltbarkeit von mehreren hundert Jahren. Bis in das 20. Jahrhundert wurden kopfgroße „Bulleneier“ auch zum Straßenbau verwendet. Dafür hat man die Steine zuvor in der Mitte geteilt und anschließend mit der flachen Seite nach oben, wie Kopfsteinpflaster verlegt. Im Laufe der Zeit schliffen sich die scharfen Schnittkanten ab und es entstanden stabile gefestigte Wege und Straßen, die z. B. in Im Nationalpark Jasmund auf der Insel Rügen noch heute zu finden sind.
Die Herkunft und die Form der runden eierähnlichen Steine, die man in ganz Norddeutschland und an der Ostsee findet ist auf die verschiedenen ↑Eiszeiten zurückzuführen. In der Erdgeschichte schoben sich während der Eiszeiten, insbesondere der ↑Weichseleiszeit hunderte Meter dicke Eispanzer, vom Nordpol über ↑Skandinavien bis nach ↑Mitteleuropa. „Der Eisvorstoß des skandinavischen Inlandeises war, verglichen mit der Gesamtdauer der Weichsel-Eiszeit, eine eher kurze Episode, die aber die norddeutsche Landschaft entscheidend geformt hat. Noch vor ca. 25.000 Jahren war das Gebiet südlich der Ostsee nicht vergletschert; vor etwa 20.000 bis 21.000 Jahren erreichte das Eis seine maximale Ausdehnung ca. 50 km südlich von Berlin. Die heutige Ostseeküste Mitteleuropas war vor etwa 13.000 Jahren und der Berliner Raum schon vor mehr als 17.000 Jahren wieder eisfrei.“ (Quelle Wikipedia; ↑Weichseleiszeit) Auf dem Weg nach Süden schliff der Eispanzer ganze Landschaften ab und transportiere Gestein und Geröll (↑Geschiebe) vor sich her. Durch die Rotation und dem riesigen Druck den der Eispanzer ausübte, rieben die Gesteine aneinander und wurden auf diese Weise abgeschliffen. Als das Eis sich dann vor etwa 17.000 Jahre langsam zurückzog, ließ das Eis die rundlich geformten Steine und eine Vielzahl von ähnlich aussehenden Findlingen zurück.
Zum Leidwesen der Landwirte und Bauern werden die größeren Steine, welche beim Rückgang der Eiszeit abgelagert worden, ständig aus dem tieferen Erdreich an die Erdoberfläche gedrückt, so dass beim Umpflügen eines Feldes jedes Jahr das Feld abgesammelt werden muss. Zumeist werden viele dieser Bulleneier, Feld- oder Lesesteine nach einem strengen Winter an die Erdoberfläche gedrückt. Das Absammeln der Steine von einem Feld wird mit einer Steingabel und einem Vorwerk gemacht. Die gesammelten Steine werden dann auf einem Steinhaufen deponiert. Die Deponierung der Feldsteine, welche deshalb auch als Lesestein bezeichnet werden, bietet Kleintieren, Reptilien und Insekten einen besonders seltenen Lebensraum.
Hinweis: Das entfernen von Feld- und Lesesteinen ist ohne Erlaubnis des Eigentümers verboten. So Mancher, der einige Feldsteine für seinen Garten am Rande eines Feldes oder einer Kiesgrube aufgesammelt hat, wurde mit Geldstrafen eines Besseren belehrt.