Findling (Stein)
Findling (Stein)
Findling: Ein besonders großer allein stehender oder allein liegender Stein (↑Geschiebe), von 50 Kilogramm bis zu drei Tonnen Gewicht, wird als „Findling“ bezeichnet und ist, so er in Mittel- und Nordeuropa liegt, ist der Findling meistens Zeugnis der Eiszeiten von vor ca. 17.000 Jahren. In der Erdgeschichte schoben sich während den Eiszeiten, insbesondere der ↑Weichseleiszeit hunderte Meter dicke Eispanzer, vom Nordpol über ↑Skandinavien bis nach ↑Mitteleuropa. „Der Eisvorstoß des skandinavischen Inlandeises war, verglichen mit der Gesamtdauer der Weichsel-Eiszeit, eine eher kurze Episode, die aber die norddeutsche Landschaft entscheidend geformt hat. Noch vor ca. 25.000 Jahren war das Gebiet südlich der Ostsee nicht vergletschert; vor etwa 20.000 bis 21.000 Jahren erreichte das Eis seine maximale Ausdehnung ca. 50 km südlich von Berlin. Die heutige Ostseeküste Mitteleuropas war vor etwa 13.000 Jahren und der Berliner Raum schon vor mehr als 17.000 Jahren wieder eisfrei.“(Quelle Wikipedia; ↑Weichseleiszeit)
Da man bereits 3.800 v. u. Z. Verwendung für die herrenlosen Steine fand, sind echte Findlinge in der Neuzeit eher eine Seltenheit und deshalb meistens ein ↑Naturdenkmal. Für einen Teil der Findlinge, welche die Eiszeit einst in Mitteleuropa hinterlassen hatte, fand der Mensch bereits während der Ur- und Frühgeschichte, also vor ca. 3.500 v. u. Z reichlich Verwendung. Man baute Burganlagen, Hünengräber, Ganggräber, Steinkisten, Galeriegräber, Dolmen oder kammerlose Hünenbetten für die Riesen, von denen die Menschen glaubten, dass sie in den Wäldern und Bergen lebten. Im Mittelalter verwendete man von den Gräbern geraubte oder herrenlose Findlinge zum Burgenbau, für eine Steinschleuder, als Befestigungen für Wehrgräben und Mauern. Mit Beginn der Romanik, einer historische Epoche um 950 u. Z., begann das große Suchen nach allen verfügbaren Findlingen. Weil es nördlich der Mittelgebirge kaum Steinbrüche und abbaufähige Felsen gab, benutzten die Menschen, besonders in den norddeutschen und skandinavischen Ländern, Findlinge zum Bau von Gotteshäusern, Kirchen, Burgen, Festungen sowie für die Fundamente von festen Gebäuden. Dazu hat man mit ganz einfachen Mitteln die aufgefundenen Findlinge vor Ort gespalten und anschließend mit Pferden oder Rindern auf Rollen und Gespannen abtransportiert.
Zum Spalten der Findlinge nutzte man zwei erfolgreiche Methoden: die Frostspaltung und die ↑Keilspaltung. Die erste Methode zum Spalten der Findlinge war die Frostspaltung. Dazu hat man im Winter in einen Findling am Ort, mit einfachen Werkzeugen, Löcher und/oder tiefe Kehlen von wenigen Zentimetern geschlagen. Die Kehlen und Löcher hat man mit Wasser aufgefüllt, so dass sich danach Eis in den Vertiefungen bilden konnte. Bei Frost bildete sich Eis in den Findlingen, dies dehnte sich aus und spaltete die Steine mühelos in kleinere Bruchsteine. Anschließend hat man die zerkleinerten Findlinge abtransportiert und verbaut. Bereits im Mittelalter kannte man die ↑Keilspaltung, wo man den Vorgang des Spaltens „zerkucken“ nannte. Bei dieser Methode hat ein ↑Steinschläger ↑Keillöcher mit der Keilpicke bis zu einer Tiefe von ca. 2 cm in den Findling eingeschlagen und den Stein dann mit Schrotkeilen aufgetrieben. An manchem alten Stein kann man heute noch die Spuren der ↑Schrotkeile in Form von länglichen parallel verlaufenden halben Rillen erkennen. Der Beruf des Steinschlägers hat sich noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts erhalten.
Ab dem 19. Jahrhundert hat man, besonders im norddeutschen Raum, die wenigen noch verbliebenen Findlinge zur Gestaltung von Schlossgärten und Herrenhäuser sowie für den Ausbau von Hafenanlagen, wie zum Beispiel der Hafenanlage in Sassnitz auf der Insel Rügen verwendet. Ab diesem Zeitpunkt sind sogar die letzten nennenswerten Findlinge den Steinschlägern zum Opfer gefallen. In der Ostsee, rund um Rügen hatte man fast alle Findlinge aus der See geborgen und in den wachsenden Hafenanlagen verbaut. Weil vor der Kreideküste von Rügen die Findlinge aus dem Wasser geborgen wurden, hat man gleichzeitig die natürlichen Wellenbrecher zustört und das Meer kann heute ungebremst auf das weiche Kreidekliff am Nationalpark Jasmund der Halbinsel Jasmund schlagen. Der bedeutendste und größte Findling Norddeutschlands ist der Buskam. Der Buskam-Findling liegt 300 Meter vor dem Seebad Lohmen auf der Insel Rügen in Mecklenburg-Vorpommern in der Ostsee.
Wer sich echte eiszeitliche Findlinge in natürlichen Umgebung ansehen möchte, sollte bei einer Gelegenheit das 183ha große Naturschutzgebiet NSG „Wüste Glase“ und den Ohgangsee in der Mecklenburgischen Schweiz, an der nördlichsten Grenze zum „↑Müritz Nationalpark“ in der Mecklenburgischen Seenplatte, ansehen. Das Naturschutzgebiet „Wüste Glase“ ist westlich von Klein Luckow in der Nähe von dem Ort Schloß Grubenhagen gelegen und befindet sich in der Endmoräne des Pommerschen Stadium/s der Weichselvereisung, welche in dieser Region ein besonders ausgeprägtes Relief hinterließ. Zwischen den vielen einzelnen Bergkuppen, die eine Höhe von über 100 Meter NN aufweisen verlaufen tiefe Senken mit eiszeitlich ausgeprägten Mooren. Auf dem über 100m hohen Burgberg des „Wüste Glase“ befindet sich sogar ein Burgwall, eine ovale Bodenerhebung von ca. 100 Meter Länge und 50 Meter Breite, die aus der ↑Bronzezeit oder der ↑Slawenzeit stammt. In den Senken der Endmoräne befinden sich noch heute ein Vielzahl der natürlich wirkenden Findlinge, die von alten Moosen, wie das Grüne Besenmoos (Dicranum viride), welches nach der FFH-Richtlinie international geschützt ist, bedeckt sind. Wer in das Naturschutzgebiet „Wüste Glase“ bei Klein Luckow wandern möchte sollte möglichst feste knöchelhohe Wanderschuhe tragen. Der Wald im Naturschutzgebiet „Wüste Glase“ in der Mecklenburgischen Schweiz ist einzigartig urwüchsig und teilweise so dicht, das man ungeübten Wanderern schon einen Kompass empfehlen möchte. Für eine Radtour mit einem einfachen Tourenrad ist das Naturschutzgebiet nicht geeignet, da die Wege recht uneben, stolprig und mit tiefen feuchten Furchen durchzogen sind. Zu den Besonderheiten in dem Naturschutzgebiet „Wüste Glase“ gehören nicht nur die vielen eiszeitlichen „Löscher“ mit ihren uralten Findlingen, sondern auch einige seltene Amphibien wie der Moorfrosch (Rana arvalis), bei denen sich die Männchen in der Paarungszeit zwischen März und Mai blau färben, die Rotbauchunke (Bombina bombina) und der Laubfrosch (Hyla arborea).