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Malchin bürgerliche Revolution

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Stadt Malchin · bürgerliche Revolution von 1848 und ihr Verlauf

Malchin

Die gesellschaftlichen Widersprüche in Mecklenburg spitzten sich in den Tagen des sogenannten Vormärz immer weiter zu. Liberal gesinnte bürgerliche Gutsbesitzer wurden immer mehr die Führer der entstehenden Revolution. So forderte schon Johann Pogge, bürgerlicher Gutsbesitzer auf Roggow 1847 eine Änderung der ständischen Verfassung die Wahl der Vertreter zum Landtag betreffend, die jedoch abgelehnt wurde. Das Volk in Mecklenburg war vom politischen Leben ausgeschlossen. Zahlreiche feudale Relikte beengten seine Lebenssphäre.

Als nun die Kunde vom Wiener Aufstand (13.-15.März) und dem Rücktritt Metternichs sowie den Berliner Straßenkämpfen (18./19.März) nach Malchin kam, fanden sich auch in unserer Stadt Bürger, die Veränderungen im städtischen Leben für dringend erforderlich hielten. Da das Bürgertum befürchtete, dass auch in Malchin offene Kämpfe mit einhergehenden Plünderungen ausbrechen könnten, gründete die Schützenzunft eine Bürgerwehr. Weil sich kein Militär in der Stadt befand, wurden sogar die Torwachen besetzt. Die Bürgerwehr bestand erstens aus Scharfschützen. Hier reihten sich alle ein, die ein brauchbares Gewehr besaßen. Der Kommandeur dieser Einheit war Tischlermeister Burmeister. Zweitens sind die Lanzenmänner zu nennen. Sie bestanden aus allen Schichten der Bevölkerung die kein Gewehr besaßen und erhielten stattdessen von der Stadt eine Art Lanze; eine Picke, welche auf einem langen Stiel befestigt war. Der Kommandeur dieser Truppe war Ökonom Pape. Die dritte Einheit, die von Schmiedemeister Blanck befehligt wurde, bildete die Artillerie. Die alten Königschuss-Kanonen fanden dabei Verwendung. Der Oberbefehlshaber der Bürgerwehr war der Gerichtsrat Josephy. Es wurden sogar Manöver vor dem Mühlentor und vom Zachow bis zum Kornbrink abgehalten. Zuvor versammelte sich die gesamte Wehr auf dem Markt, um dann „mit klingendem Spiel, Musik vom Stadtmusikus Hoffmann“, aus den Toren hinauszumarschieren.

Im März gründete sich auch in unserer Stadt ein Reformverein, dessen Mitglieder sich aus allen Klassen der Bevölkerung zusammensetzten. Grundanliegen dieses Vereins waren Verbesserungen im städtischen Verwaltungswesen als auch in der Landesverwaltung. Der Malchiner Chronik ist zu entnehmen, dass es sich bei dem Wortführer des Vereins um Schustermeister Stavenow handelte, der später allerdings nicht zu den ersten gewählten Stadtrepräsentanten gehörte. Aufgeschreckt durch die Wiener Ereignisse traf man sich am 14.März abends im Schützenhaus zur gemeinsamen Besprechung. Anwesend waren mehrere Einwohner aller Stände. Schon zwei Tage später wurde eine Petition beschlossen, die in sechs Punkten die Forderungen des Reformvereins darlegt:

  1. Der Ausschuss der Zwanzig-Männer, der über Stadtangelegenheiten in geheimen Sitzungen berät und sich selbst ergänzt, soll zurücktreten.
  2. An deren Stelle sollen etwa 12 Repräsentanten gewählt werden, ohne Unterschied der Religion.
  3. Das Amt der Repräsentanten soll ein bis zwei Jahre dauern und ehrenamtlich geführt werden.
  4. Die Sitzungen der Repräsentanten sollen öffentlich sein.
  5. Die Wahl der Magistratsmitglieder steht den Repräsentanten zu.
  6. Allen selbständigen Bürgern steht das Recht zu, Versammlungen abzuhalten, um über das Wohl der Stadt zu beraten.

Dieser Petition, die am 17.März dem Magistrat übergeben wurde, folgten die Unterschriften von 160 Einwohnern.Schon am 19.März hielten die Unterzeichner das Antwortschreiben von Bürgermeister Dr. Heinrich F.A. Schultetus in den Händen. Sie wurden aufgefordert, dem Magistrat 8 Personen zu nennen, die an den Verhandlungen zur Ausführung der gestellten Forderungen teilnehmen. Der Magistrat war also mit den Veränderungen im Wesentlichen einverstanden.

Der Ausschuss der Zwanzig-Männer bestand zur Zeit seiner Auflösung aus folgenden Mitgliedern:

    den beiden Stadtsprechern Kupferschmied H. Möller und Schuhmacher-Amtsältester J. Brunswig und den Ausschussbürgern Schuhmacher C. Eggert, Ackerbürger H. Krüger, Schmied Dan. Köpcke, Buchbinder F. Kloss, Nagelschmied Rumpstich, Glaser Kanzler, Schneider Sauerbrey, Schlosser Gulow, Gastwirt Voitel, Bäcker Joh. Meincke, Tischler Curow sen., Goldschmied Gotthard, Schuhmacher F. Lange, Glaser Löbel, Seifensieder Müller, Kaufmann H. Staude, Messerschmied Pleve, Ackersmann A. Hacker.

Die im April 1848 erwählten Stadtrepräsentanten waren folgende Herren:

    Wortführer Apotheker F. Timm; weitere Repräsentanten waren Uhrmacher Aug. Becker, Zimmermeister J. Benduhn, Tuchscheerer C. Friedrich, Gastwirt Ganzelin, Zimmermeister Hübner, Nadler F. Köhn, Schmied L. Köpcke, Goldschmied F. Lippold, Kupferschmied Möller, Bäckermeister Rademacher sen., Schlachtermeister G. Scherff, Arbeitsmann Schruth, Kaufmann Stavenow, Ackerbürger Joh. Stoll sen., Schuhmachermeister Tietz.

Die neu gewählten Stadtrepräsentanten erarbeiteten nun einen „Entwurf einer Abänderung der stadtverfassungsmäßigen Bestimmungen rücksichtlich des Amtes der Ausschussbürger und der Wahl der Magistratsmitglieder“.

Die Stadtverfassung sollte dahingehend geändert werden, dass an Stelle der Stadtsprecher und Ausschussbürger 16 Bürgerrepräsentanten treten, welche sich nicht selbst ergänzen, sondern von der gesamten Bürgerschaft gewählt werden. Ihr Amt bekleiden sie für vier Jahre, ehrenamtlich und unentgeltlich. Die Wahl der Repräsentanten geschieht nach Stadtvierteln. Jedes Viertel wählt vier Vertreter mit absoluter Stimmenmehrheit. Die Repräsentanten wählen unter sich einen Wortführer und einen Stellvertreter. Die gemeinsamen Rats- und Bürgersitzungen und die Versammlungen der Repräsentanten unter sich sind in Zukunft öffentlich. Weitere Bestimmungen betrafen die Wahl der Senatoren und der „Departement-Mitglieder“. Dieser Entwurf, der die Forderungen des Reformvereins berücksichtigt und ihnen eine angemessene Form gab, wurde sofort verwirklicht.

Das Reichsverweserfest am 6.August 1848 in Malchin erweckte noch einmal die Hoffnung auf eine freiheitliche Verfassung und Einigung Deutschlands unter einem Kaiser. Jedoch mussten sich die Malchiner in dieser Angelegenheit noch bis zum Jahre 1871 gedulden.

Mitte September gründete sich in Ivenack der Konstitutionelle Verein. Zu den Mitgliedern gehörten hauptsächlich die Gutsbesitzer der Umgebung wie von Oertzen auf Jürgenstorf, von Blücher auf Rosenow, Graf Plessen-Ivenack, von Maltzahn Groß Luckow und vielen anderen. Kaufmann Borchard und Zimmermeister Benduhn aus Malchin wurden neben anderen in den Vorstand gewählt. Dieser Verein stellte sich die Aufgabe, „eine zeitgemäße, durchgreifende und volkstümliche Reform der staatlichen und sozialen Zustände auf gesetzlichem Wege herbeizuführen“. Zugleich stellt das Statut des Konstitutionellen Vereins klar, dass die Monarchie und die Rechte der Fürsten gewahrt bleiben sollen und die Rechte des Volkes gefördert werden sollen. Auf Grund der Mitgliederzusammensetzung und den Zielen wird klar, dass eine echte Reform überhaupt nicht zustande kommen konnte. Nach ein paar Vereinssitzungen hörte man seit dem 14.Februar 1849 nichts mehr vom Konstitutionellen Verein, dessen Auflösung am 24.März 1849 bekannt gegeben wird.

Auch der Reformverein sieht wohl seine Ziele erfüllt. Nachdem sich nicht einmal mehr ein Vorstand bilden wollte, wurde die Auflösung am 22.März 1849 beschlossen. Was in Malchin „einschlief“, zeichnete sich auch auf Landesebene ab. Es gab keine einheitliche Führung der Revolution! Die Änderung des Stadtregulativs von 1796 stellte für die Stadtbevölkerung eine große Errungenschaft dar. Endlich war es den Stadtvierteln möglich, ihre Vertreter als Stadtrepräsentanten zu wählen; die Rats- und Bürgersitzungen waren öffentlich - die Politik in der Stadt wurde dadurch transparenter. Ein eher nebensächliches Ergebnis war, dass von nun an auch auf offener Straße geraucht werden durfte. Bei all den Geschehnissen dieser Zeit ist es wohl ein Verdienst des damaligen Bürgermeisters Schultetus, der bestimmt durch geschickte Diplomatie gewaltreiche Ausschreitungen, wie in Berlin, vermied. Ihm zu Ehren wurde 1913, vierzehn Jahre nach seinem Tod, die Halbtonnenstraße und die Schuhstraße in Schultetusstraße umbenannt.

Was für das Leben der Stadtbevölkerung ausreichend erschien, blieb nach dem Freienwalder Schiedsspruch vom 12.September 1850 der Landbevölkerung verwehrt. Dieser Schiedsspruch, bei dem das Staatsgrundgesetz von Mecklenburg und das Gesetz zur Aufhebung der landständischen Verfassung durch hohe Beamte aus Preußen, Hannover und Sachsen für nichtig erklärt wurde, annullierte die politischen und verfassungsmäßigen Fortschritte der Revolution in unserem Land.

Die Revolution war gescheitert!

Viele Menschen erkannten nun, dass sich der Traum von eigener „Hüsung“ oder gar Scholle auf Grund der starren Macht- und Eigentumsverhältnisse für kleine Bauern und Tagelöhner nicht verwirklichen ließ. Die missglückte Revolution war entscheidender Auslöser für die große Auswanderungswelle aus Deutschland. In den Jahren von 1850 bis 1914 verließen ca. 150000 Menschen aus Mecklenburg-Schwerin und 20000 aus Mecklenburg-Strelitz ihre Heimat.

Autor: Torsten Gertz
Last Edit: 17.11.06
Quellenangabe: Fritz Brockmann, „Malchiner Chronik“, 1902; M. und N. Böttcher, „MALCHIN Ein historischer Rückblick in Bildern“, 1998; Mecklenburgische Periodika, Festschriften
Bildangaben:
Erstellt: 15.11.2006
Version: 25.09.2013
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