Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris (L.) Crantz)
Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris (L.) Crantz)
Epipactis palustris (L.) Crantz (dt. Sumpf-Stendelwurz)
Die geschützte Erdorchidee Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris (L.) Crantz)[↑Bilder], mit ihren einzeln stehenden weißen Blühten, ist typisch für kalkhaltige Feuchtwiesen, Moore oder Sümpfe und gehört zu den schönsten heimischen Orchideenarten, welche u.a. in der Mecklenburgischen Schweiz am Malchiner See in Mecklenburg-Vorpommern, zwischen dem 5. und dem 25. Juni (5.06.-25-06.) blühen. Die Sumpf-Stendelwurz ist in ihrem Bestand, wie alle heimischen Orchideenarten, auch in Norddeutschland stark gefährdet.
Eine Sumpf-Stendelwurz Orchidee ist durchschnittlich etwa 35 Zentimeter bis 50 Zentimeter hoch und hat einen langen festen leicht behaarten, teils rötlichen Pflanzenstil. Die Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris), auch als Weiße Sumpfwurz, Echte Sumpfwurz oder Sumpf-Sitter bekannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der ↑Stendelwurzen (Epipactis) und gehört zu der Familie der ↑Orchideengewächse (Orchidaceae = lat. Name für Orchideen). Es sind ca. 14 unterschiedliche Epipactis Orchideenarten bekannt. Dazu gehören die Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris), Kleinblatt-Stendelwurz (Epipactis microphylla) und das Kurzblättrige Stendelwurz (Epipactis distans) um nur einige der 14 natürlichen Arten zu nennen. Von der Sumpf-Stendelwurz gibt es eine natürliche Hybride, die Epipactis × pupplingensis Bell 1968 - (Epipactis atrorubens × Epipactis palustris). Die Naturhybride welche aus einer natürlichen Kreuzung zwischen ↑Braunroter Stendelwurz und Sumpf-Stendelwurz entstand wurde nach der ↑Pupplinger Au, ein Auwald (Wald mit natürlichem Bach- oder Flussläufen) nördlich von ↑Wolfratshausen in ↑Oberbayern benannt.

Die Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris)- Orchidee ist eher typisch für kalkreiche Moore und besonders nasse Feuchtwiesen, was schon selten ist, da Moore zumeist torfhaltig und sauer, anstatt kalkhaltig und basisch, sind. Die Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris) besiedelt nasse ↑Dünentäler, Pfeifengraswiesen (Feuchtwiesen), auch Streuwiesen genannt, Quell- und Niedermoore, sickernasse Hänge, Seeufer, wechselfeuchte Mulden in Flussauen. Das Verbreitungsgebiet der Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris) erstreckt sich über ganz ↑Europa und ↑Russland und ist auch in den gemäßigten Zonen in ↑Kleinasien und ↑Nordafrika anzutreffen. Die letzten norddeutschen Vorkommen der wenigen noch verbliebenen Sumpf-Stendelwurz Orchideen sind meistens an sehr sonnig gelegenen, besonders feuchten Mooren und Feuchtwiesen in der Mecklenburgischen Seenplatte, dem Peene-Urstromtal und der ↑Norddeutschen Tiefebene anzutreffen. Bekannt sind auch Vorkommen von Stendelwurz (Epipactis) auf der Insel Rügen(Rügen ist noch nicht bestätigt.).
Von den heimischen Orchideenarten haben die Stendelwurz Orchideen das typischste Orchideenaussehen. Während die meisten Blüten der heimischen Orchideen wie ↑Dactylorhiza-Orchideen (Knabenkraut), z.B. das Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) weniger einer typischen Orchidee ähneln, sind die Blüten der Epipactis-Arten sehr „orchideentypisch“. Der Blütenständer einer Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris) steht vereinzelt, seitlich am Stil, ist mit einer Länge von 6 bis 15 cm sehr groß. Der Stendelwurz Blütenständer hat eine längliche lanzettartige behaarte Tropfenform aus den vier Blütenblättern hervorgehen. Die glockig geformte Blüte gereicht von grün über rötlich, gelb bis weiß. Die Sumpf-Stendelwurz hat grünrötliche, von inner her hellbräunliche ↑Sepalen(Kelchblatt) und kürzere weiße ↑Pentalen (Kronblatt). Dazu hat die Sumpf-Stendelwurz eine nach vorn gehobene weiße zweiteilige ↑Labellum (Lippe (hintere ↑Perigonblatt)) deren hinterer Hypochil (Lippeteil) rot geadert ist. Der vordere Teil der Lippe (Epichil) ist rund, weiß gefärbt und am Rand gewellt. Er besitzt am Grund zwei deutliche Wülste, die von einer orangeroten Linie umgeben sind. Vorder- und Hinterlippe sind durch ein bewegliches Glied verbunden. Das leicht geriefte (v. Riefen) grüne längliche Laubblatt der Sumpf-Stendelwurz ist zweizeilig angeordnet.

Die Stendelwurz-Orchideen der Gattung Epipactis wurden im Mittelalter als Heilmittel gegen Leberschmerzen und als Gegengift bei Vergiftungen verschiedener Art verwendet. In einer Heilanzeige aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. »Ihr Nektar macht Insekten trunken« beschreibt der griechische Militärarzt, Botaniker und Phamakologe ↑Pedanios Dioscurides von ↑Kilikien die Wirkung der Orchideen aus der Gattung der Epipactis. Wie festgestellt wurde, werden Stendelwurz-Orchideen verstärkt von Insekten, wie ↑Bienen, ↑Hummeln und ↑Wespen besucht. Dabei ist aufgefallen, dass die Insekten nach einem Besuch der Orchideenblüten taumelnd und schwankend, eben wie narkotisiert die Blüten verlassen. Das lässt darauf schließen, dass der Nektar von Stendelwurz-Orchideen mit Giftstoffen angereichert ist. (Ein Nachweis für die Giftstoffe ist dem Autor nicht bekannt.)

Die Sumpf-Stendelwurz wächst in ↑Norddeutschland nur noch vereinzelt und steht, wie alle heimischen Orchideenarten unter ↑Naturschutz. Zur Zeit der Blüte, Anfang bis Mitte Juni, findet man die Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris) gemeinsam blühend mit dem gelb blühenden Torf-Glanzkraut (Liparis Loeselii) und mit dem abgeblühten Breitblättrigen Knabenkraut (lat. Dactylorhiza majalis) auf sehr feuchten kalkhaltigen Wiesen in der Mecklenburgischen Schweiz. Eine besonders große und bemerkenswerte Ansammlung der Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris) findet man aktuell in dem Kalk-Zwischenmoor von Wendischhagen am Malchiner See.
Das Kalkzwischenmoor in Wendischhagen (bei ↑Günther Kaden hinterm Haus) ist eine besonders feuchte Wiese, welche vollständig von Sumpf und Moor umgeben ist. Vor dem Betreten diese Sumpfes wird hier ausdrücklich gewarnt. Sollten Sie Interesse an einer Führung in diesem Gebiet haben, wenden Sie sich bitte an die ↑Naturparkverwaltung Mecklenburgische Schweiz und Kummerower See in Basedow oder an Harro Haberkost in Malchin.
Bildarchiv zu ↑Heimische Orchideen in Mecklenburg Vorpommern; ↑Mecklenburgische Schweiz
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